Gesunder Menschenverstand im Business dringend nötig

Das GMV-Prinzip ® in der Führung


Jürgen Zirbik, Geschäftsführer Zirbik Business CoachingBlick
Veröffenlicht in: DiALOG - DAS MAGAZIN FÜR ENTERPRISE INFORMATION MANAGEMENT | MÄRZ 2019

Gesunder Menschenverstand – GMV – und die Geschäftswelt scheinen sich nicht so gut zu vertragen. GMV setzt auf einfache Prinzipien, die schon einem Fünfjährigen klar sind (fragen Sie meinen Enkel Ferdinand). Diese Prinzipien suchen Sie im Business wie die Stecknadel im Heuhaufen. Ehrlichkeit, Respekt, Transparenz, Leidenschaft, Offenheit, Verantwortung, Kinderstube…
Die Zahlen des Schreckens sind laut der aktuellen Studie zur Mitarbeitermotivation der Unternehmensberatung Gallup: 15-71-14. Das heißt, 85% der Leute machen maximal Dienst nach Vorschrift. Nur 15% fühlen sich gebunden, 71% kaum, 14% kein bisschen. Hauptgrund ist laut der Studie unterirdische Führung. Das ist wenig verwunderlich, wenn man sieht, welche Vorbilder die Chefs der großen deutschen Unternehmen abgeben. Volkswagen und die anderen Autobauer, die Deutsche Bank – ein besonderes Schmuckstück in Sachen GMV – um nur die Öffentlichkeitswirksamsten zu nennen. Hier herrschen Lug, Betrug und kriminelle Energie. Ein wahrlich GMV-freies Business-Land.

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Haben Chefs per se einen an der Klatsche?
Wenn Sie als Manager Karriere machen wollen, müssen Sie sich GMV-frei verhalten. Bringen Sie eine Portion Narzissmus mit und seien Sie Psychopath. Beides ist nicht nur mit Blick auf aktuelle Chef-Vorbilder sondern auch laut ernsthafter Studien ein Karrieregarant. Im Artikel „Verrückte Manager“ der Wirtschaftswoche bringt es der kanadische Psychologe Robert Hare auf den Punkt:
„Wirft man einen Blick in die Statistiken, werden globale Unternehmen (…) ohnehin von einem Haufen Verrückter geführt. So bewies der kanadische Psychiater Robert Hare, dass deutlich mehr Psychopathen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Unternehmen sitzen, als beim Discounter an der Kasse.“
Wer fällt Ihnen da spontan ein? Der Münchner Sozialpsychologe und Managementforscher Dieter Frey ergänzt im selben Artikel: „In der Tat ist Größenwahn manchmal für Manager nützlich, damit sie eine Vision entwickeln können und sich trauen, diese umzusetzen.“ Na dann!

Warum ist GMV in der Führung so selten?
Nach Immanuel Kant hat gesunder Menschenverstand mit „Selbstdenken“ zu tun. Wenn Selbstdenken in der Führung zu Einsatz kommt, ist schon einmal viel gewonnen. Der eine oder andere Chef würde eventuell einmal nachfragen, ob technische Manipulationen oder Cum-Cum-Dividententricks unter Umständen ein „kleines bisschen“ kriminell sein könnten. Leider ist Selbstdenken im Manageralltag ein Karrierekiller. Führungskräfte sollten eher so wie alle anderen im Unternehmen (Gesetz der Masse) oder so wie ihr Vorgesetzter (Gesetz der Macht) denken. Man will ja weiterkommen.
Genau das bemängeln viele Mitarbeiter an ihren Chefs. Sie betrachten das mit gesundem Menschenverstand und erwarten eine starke Persönlichkeit als Führungskraft. Ja was denn sonst? Nach einer Studie der Unternehmensberatung KPMG haben viele Führungskräfte regelrecht Angst vor Entscheidungen und Konflikten, sind also eher Weichspüler. Und das ist eher ungünstig, denn nach derselben Studie sind die Chefs bis zu 30 bis 40% ihrer wöchentlichen Arbeitszeit mit Konflikten und deren Folgen beschäftigt.

Schwache Chefs wider besseres Wissen?
Immer wieder höre ich in Coachings, Chefs versprächen das Blaue vom Himmel. Meistens passiere aber nichts. Egal ob es um personelle Verstärkung, fehlerhafte Arbeitsmittel, nicht funktionierende Software, unpassende Prozesse oder Probleme mit einer anderen Abteilung im Unternehmen gehe. Die Chefs wiederum klagen, dass ihre Leute unmögliche Forderungen stellten. Diese seien zwar inhaltlich auch ihrer Meinung nach richtig, aber dem Chef des Chefs nicht zuzumuten. „Wenn ich die oft berechtigten Wünsche und Forderungen meiner Leute in der Telefonkonferenz ansprechen würde, machte ich mich kaum beliebt“, so der entlarvende Hinweis einer Führungskraft in einem Coaching. Dem einen oder anderen Chef fehlt für gute Führung schlicht weg der „Arsch in der Hose“. GMV.

Schon bei der Chefauswahl voll daneben?
Das Führungselend beginnt am Anfang. Abgesehen davon, dass zukünftiges Führungspersonal in keiner akademischen oder Meisterausbildung Führungskompetenz vermittelt bekommt, erfolgt die Auswahl von Chefs oft nach eher untauglichen Kriterien. „In die Führungsposition befördert wurden die meisten von ihnen (den Führungskräften, der Autor) auf Grundlage ihrer Fachkompetenz (47 Prozent) und Erfahrung (51 Prozent).“ Das Problem: der Top-Vertriebler ist noch lange kein Top-Vertriebschef. Neben Fachkompetenz sollten Chefs auch Führungskompetenzen besitzen. GMV. Aber wo bekommen Sie diese her? Moment mal: Da gibt es doch massenhaft Seminare, Workshops und Coachings. Stimmt – wirklich massenhaft. Das alles sollen die neuen Führungskräfte zusätzlich zu ihren anderen Aufgaben geregelt bekommen. Die Überforderung beginnt sofort. Ich bin seit 20 Jahren als Coach unterwegs. Leider ist Führung bis heute nicht besser geworden. Vielleicht liegt es ja an mir. Dahinter steckt mit GMV betrachtet eine unangenehme Wahrheit für das Weiterbildungswesen: Der Wirkungsgrad von Trainings und Coachings ist oft grottenschlecht. Also was tun? Drei GMV-Tipps aus langjähriger Erfahrung:

  • Endlich Führung in Ausbildungen und Studium integrieren – das liegt nicht in unserer Hand
  • Neuen Chefs Zeit zur Einarbeitung in die neue Aufgabe geben, inklusive Weiterbildung und Coaching – das liegt in der Hand der Unternehmen
  • Chef-Weiterbildung konzeptionell über 12 Monate: Seminare und Workshops mit zusätzlichem persönlichen Coaching – das liegt in der Hand der Unternehmen (ich nehme übrigens keine anderen Aufträge mehr an. GMV)

Sie können nicht führen, sie können Menschen dazu bringen, sich Führen zu lassen
Gallup hat in Mitarbeiterbefragungen schon vor Jahren 12 Kriterien guter Führung aus Sicht des Mitarbeiters erfragt. Auch in der Führung gilt das gleiche GMV-Prinzip wie im Verkauf. Der Köder muss dem Fisch…

12 Kriterien guter Führung aus „Fischsicht“

  • Ich weiß, was bei der Arbeit von mir erwartet wird.
  • Ich habe Arbeitsmittel, um meine Arbeit richtig zu machen.
  • Ich habe bei der Arbeit die Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann.
  • Ich habe in den letzten sieben Tagen Anerkennung oder Lob bekommen.
  • Mein Chef interessiert sich für mich als Mensch.
  • Es gibt jemanden, der mich in meiner Entwicklung fördert.
  • Bei der Arbeit zählen meine Meinungen.
  • Die Ziele meiner Firma geben mir das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist.
  • Meine Kollegen wollen Arbeit von hoher Qualität leisten.
  • Ich habe einen sehr guten Freund innerhalb der Firma.
  • In den letzten sechs Monaten hat jemand mit mir über meine Fortschritte gesprochen.
  • Während des letzten Jahres konnte ich Neues lernen und mich weiterentwickeln.

Jürgen Zirbik ist Unternehmer, Trainer, Coach, Speaker, Journalist und Autor. Seine Mission: mehr gesunden Menschenverstand (GMV) ins Business und ins Leben bringen. Er ist Spezialist für Führung, Kommunikation und Change. Der hohe Wirkungsgrad seines Coachings resultiert aus Struktur, Methodik und Provokation. Sein Motto mit Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Als Unternehmer führt er die JURA DIREKT Akademie, einen Spezialanbieter für die Weiterbildung von Beratern. Dort wirkt er auch als Coach und Trainer, ebenso wie bei Zirbik Business Coaching. Als Keynote Speaker präsentiert er das Thema „GMV“ unterhaltsam und provokativ. In zahlreichen Büchern liefert er Lesern GMV fundiert und locker.
www.zirbik-business-coaching.de

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